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Hyperspektrale Bildgebung in biomedizinischer Forschung und Diagnostik

Technologische Einsatzfelder, Integrationspotenzial und Impulse für translationales Arbeiten

Kontext und Relevanz für biomedizinische Diagnostik und molekulare Forschung

Die präzise Analyse biologischer Prozesse in Echtzeit ist ein zentrales Ziel moderner Biomedizin. Gerade in der Diagnostik und personalisierten Therapie spielen funktionelle und molekulare Informationen eine immer größere Rolle. Klassische Bildgebungsverfahren stoßen dabei häufig an ihre Grenzen: Sie liefern primär strukturelle Daten, sind oftmals auf Kontrastmittel angewiesen und lassen eine dynamische Interpretation pathologischer Prozesse nur bedingt zu.

Hyperspektrale Bildgebung verändert dieses Paradigma grundlegend. Anstelle einzelner Bilddaten entsteht ein vollständiges Spektrum je Pixel – und damit ein molekularer Fingerabdruck des betrachteten Gewebes. Diese spektrale Tiefe eröffnet neue Möglichkeiten zur Identifikation von Krankheitsprozessen, noch bevor sichtbare morphologische Veränderungen einsetzen. Insbesondere in der Frühdiagnostik, der intraoperativen Entscheidungsunterstützung sowie der Entwicklung neuer Wirkstoffe und Therapieverfahren entstehen dadurch deutliche Mehrwerte für Forschung und klinische Anwendung.

Anforderungen aus klinischer und wissenschaftlicher Perspektive

Für eine erfolgreiche Etablierung hyperspektraler Bildgebung im biomedizinischen Umfeld müssen verschiedene Anforderungen erfüllt werden. Entscheidend ist die Möglichkeit, Gewebe zerstörungsfrei und ohne Kontrastmittel in Echtzeit zu analysieren. Ebenso wichtig ist eine hohe Stabilität der Bildgebung ohne bewegliche Komponenten, um Artefakte durch mechanische Bewegung zu vermeiden und die Integration in empfindliche Laborumgebungen zu ermöglichen.

Zudem muss sich die Technologie in bestehende Plattformen wie Mikroskope, Endoskope oder OP-Systeme einfügen lassen, ohne deren Funktionalität zu beeinträchtigen. Eine interoperable Anbindung an Laborautomatisierung, digitale Workflows und KI-gestützte Auswertesysteme ist notwendig, um die enormen Datenmengen effizient nutzbar zu machen und reproduzierbare Ergebnisse zu gewährleisten. Die Snapshot-Technologie von Cubert erfüllt all diese Anforderungen, indem sie simultan alle Spektralbänder eines Bildes aufnimmt – ohne mechanischen Scan, mit validierter Echtzeitverarbeitung und offener Schnittstellenarchitektur.

Anwendungsbereiche in Forschung und Klinik

In der neurodegenerativen Forschung bietet die hyperspektrale Bildgebung neue Möglichkeiten, um pathologische Veränderungen bereits in sehr frühen Stadien zu erkennen. Spektrale Abweichungen in der Sauerstoffversorgung, der Proteinexpression oder der Gewebezusammensetzung können differenziert werden, noch bevor klassische Verfahren auffällige Befunde liefern. Dies ermöglicht ein tieferes Verständnis von Erkrankungsmechanismen und verbessert die Chancen für frühzeitige therapeutische Interventionen.

Auch in der chirurgischen Onkologie wird die Technologie zunehmend eingesetzt. Während eines Eingriffs liefert das System in Echtzeit Informationen über die molekulare Beschaffenheit des Gewebes. Dadurch können Tumorränder zuverlässig identifiziert und gesundes Gewebe maximal geschont werden – ein entscheidender Vorteil bei Operationen im Gehirn, im Bauchraum oder im urogenitalen Bereich.

In der Wirkstoffentwicklung erlaubt die spektrale Analyse eine automatisierte Beurteilung zellulärer Reaktionen auf verschiedene Substanzen. Veränderungen im Zellstoffwechsel, in der Membranintegrität oder in den Differenzierungszuständen lassen sich auf spektraler Ebene klar zuordnen. Dadurch werden Hochdurchsatzverfahren beschleunigt, Wirkmechanismen präziser untersucht und toxikologische Risiken frühzeitig identifiziert.

Auch bei der Überwachung von Heilungsverläufen oder der Differenzierung von Stammzellen in der regenerativen Medizin eröffnet die Technologie neue diagnostische Zugänge. Prozesse, die bisher nur mit aufwendiger Histologie oder immunologischen Tests nachvollzogen werden konnten, sind nun live und in spektraler Tiefe darstellbar.

Chirurgen arbeiten im OP mit hyperspektraler Bildgebungstechnologie.

Integrationspotenzial in biomedizinische Plattformen

Die hyperspektrale Technologie lässt sich flexibel und modular in bestehende Systeme einbinden. In der Mikroskopie kann sie als Aufsatzmodul verwendet werden, um Zellstrukturen und biologische Proben im Nanobereich spektral zu analysieren. In der minimalinvasiven Chirurgie wird sie zunehmend in Endoskope integriert, um während des Eingriffs pathologische Areale direkt zu erkennen.

Auch im Bereich der Zellkultur und Inkubation ermöglicht die Technologie eine kontinuierliche, nicht invasive Analyse des biologischen Milieus. Dabei bleibt das natürliche Wachstum ungestört, und Veränderungen können ohne Probenentnahme beobachtet werden. In OP-Sälen lässt sich das System auf vorhandene Beleuchtungseinheiten oder Robotikplattformen adaptieren und liefert damit operative Orientierung in Echtzeit.

Forschungs- und Technologieimpulse

Für wissenschaftliche Einrichtungen ergeben sich mit der hyperspektralen Bildgebung neue Impulse für die Entwicklung innovativer Analyseverfahren. Die Auswertung spektraler Daten mittels künstlicher Intelligenz erlaubt die automatische Klassifikation von Zelltypen, Gewebezuständen oder Krankheitsstadien. Trainierte Modelle erkennen charakteristische Signaturen selbst in komplexem biologischen Rauschen.

Durch die Kombination hyperspektraler Daten mit anderen Modalitäten – etwa MRT, PET oder Ultraschall – entstehen multimodale Systeme, die ein vollständigeres Bild des pathologischen Geschehens liefern. Ebenso eröffnet die Validierung neuer molekularer Marker über spektrale Signaturen neue Wege in der Biomarker-Forschung.

Nicht zuletzt ermöglichen Edge-Computing-Technologien die direkte Vorverarbeitung und Analyse auf der Sensorplattform. Damit wird hyperspektrale Diagnostik auch außerhalb des Labors oder in mobilen, telemedizinischen Szenarien einsetzbar – ein relevanter Faktor für die Versorgung in strukturschwachen Regionen oder bei zeitkritischen Notfällen.

  • Klassifikation biologischer Zustände mittels KI
    Entwicklung trainierter Modelle zur Detektion von Zellzuständen, pathologischen Veränderungen oder Therapieansprechen – auf Basis spektraler Vollcube-Daten.
  • Fusion mit multimodalen Bilddaten
    Kombination hyperspektraler Informationen mit MRT, PET oder Ultraschall zur multimodalen Diagnostik und umfassenderen Phänotypisierung.
  • Validierung neuer molekularer Marker
    Aufdeckung bislang ungenutzter spektraler Biosignaturen für frühe Krankheitsindikatoren oder Therapieziele.
  • Edge-Processing für Point-of-Care
    Miniaturisierte Auswertesysteme für mobile Diagnostik oder Echtzeittherapiekontrolle, z. B. in der Telemedizin oder präklinischen Versorgung.

Technologiestatus und Systemverfügbarkeit

Die Cubert Snapshot-Technologie ist bereits in zahlreichen translationalen Projekten und klinischen Studien im Einsatz. Sie wird unter anderem von Universitätskliniken in Deutschland, Fraunhofer-Instituten, Helmholtz-Zentren sowie in der Pharmaindustrie genutzt. Die Systeme sind CE-zertifiziert, ITAR-frei und mit offenen Schnittstellen ausgestattet, was eine nahtlose Einbindung in bestehende Workflows ermöglicht.

Ihre Stabilität, Miniaturisierung und Echtzeitfähigkeit machen sie zu einem vielseitigen Werkzeug in der biomedizinischen Forschung, Diagnostik und Therapieentwicklung.

  • Universitätskliniken (z. B. Freiburg, Heidelberg, Tübingen)
  • Fraunhofer-Institute (Entwicklung biomedizinischer Klassifikatoren)
  • Helmholtz-Zentren (Validierung bei neurodegenerativen Modellen)
  • Pharmaunternehmen (High-Content-Screening und präklinische Tests)

Datenhoheit, Interoperabilität und wissenschaftliche Autonomie

Ein wesentlicher Vorteil der Cubert-Technologie liegt in der vollständigen Datenhoheit. Sämtliche Aufnahme-, Verarbeitungs- und Analyseprozesse bleiben beim Betreiber der Systeme. Es erfolgt keine Cloud-Anbindung, keine Abhängigkeit von Drittanbietern und keine Einschränkung durch Lizenzmodelle. Dadurch können Forschungseinrichtungen eigene Spektralbibliotheken aufbauen, KI-Modelle trainieren und ihre Infrastruktur unabhängig weiterentwickeln. Dies schafft nicht nur technologische Souveränität, sondern auch rechtliche Sicherheit bei sensiblen medizinischen und wissenschaftlichen Daten.

  • GMP-konforme Forschung und Diagnostik
  • Integration in eigene Datenpools, Pipelines und Bioinformatiktools
  • Etablierung institutseigener KI-Modelle
  • Publikationsrelevante Validierung neuer Ansätze
Matthias Locherer, Sales Director von Cubert, einem Hersteller von Hyperspektralkameras

Über den Autor

Dr. Matthias Locherer ist seit 2017 Sales Director bei Cubert GmbH. Mit einem PhD in Erdbeobachtung von der Ludwig-Maximilians-Universität München bringt er umfangreiche Expertise in der Fernerkundung, spektraler Bildgebung und Datenanalyse mit. Matthias hat an verschiedenen Forschungsprojekten und Publikationen mitgewirkt, insbesondere im Bereich der hyperspektralen Überwachung biophysikalischer und biochemischer Parameter mit hyperspektralen Satellitenmissionen. Seine fundierten Kenntnisse in optischer Messtechnik und physikalischer Modellierung machen ihn zu einem wichtigen Treiber für die Weiterentwicklung innovativer hyperspektraler Technologien bei Cubert.