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Hyperspektrale Bildgebung im Recycling

Unsichtbare Unterschiede sichtbar machen – Die neue Ära der Sortiertechnologie

Die neue Herausforderung der Kreislaufwirtschaft

Recycling ist nicht länger eine bloße Ökofrage – es ist zur kritischen Infrastruktur unserer Zukunft geworden. Die Müllberge wachsen exponentiell, globale Lieferketten geraten unter Druck, und der Bedarf an Sekundärrohstoffen und Ressourcen steigt rasant. Gleichzeitig verschärfen sich regulatorische Rahmenbedingungen durch EU-Taxonomien, CO₂-Bepreisung und Produktverantwortungsgesetze. Unternehmen stehen unter Zugzwang: Sie müssen Rezyklate und Rohstoffe in gleichbleibend hoher Qualität liefern – und das wirtschaftlich. Die Herausforderung: Aktuelle Bildgebungssysteme und Sortiersysteme können diese Anforderungen nicht mehr erfüllen. Genau hier setzt die hyperspektrale Bildgebung an – als Brücke zwischen technologischer Entwicklung und nachhaltigem Rohstoffmanagement.

Recycling machinevisiont

Limitierungen konventioneller Sortiertechniken

Sortieranlagen arbeiten derzeit meist mit RGB-Kameras, Nahinfrarotsensoren (NIR) oder induktiven Verfahren. Doch diese Technologien betrachten Oberflächen nur eindimensional: über optische oder physikalische Merkmale wie Farbe, Form oder Dichte. Problematisch wird es bei gleichfarbigen, dämpfenden oder beschichteten Materialien. Schwarze Kunststoffe wie PE, PP oder PS lassen sich kaum unterscheiden. Multilayer-Verpackungen, Biokunststoffe oder additivhaltige Compounds werden falsch klassifiziert. Wertvolle Fraktionen gehen verloren oder verunreinigen andere. Die Folge: Downcycling, Materialverlust, erhebliche Kosten und unnötige Abfälle – ein ESG-Dilemma, das intelligente Lösungen verlangt.

Hyperspektrale Bildgebung: Spektrale Intelligenz als Differenzierungsfaktor

Hyperspektrale Bildgebung (HSI) erfasst nicht nur das sichtbare Licht, sondern misst die Reflexion über ein breites Spektrum von Wellenlängen hinweg. Jeder Bildpunkt wird zu einem Spektralfingerabdruck – einer quantifizierbaren Signatur der Materialzusammensetzung. Dabei lassen sich Unterschiede erkennen, die für herkömmliche multispektrale Kameras oder NIR-Systeme unsichtbar sind: additive Kunststoffe vs. Rezyklate, Zellulosefasern vs. synthetische Vliese, PLA vs. PET. HSI trennt nicht nach Farbe, sondern nach chemischer Signatur.

Die Echtzeitverarbeitung dieser Daten wird durch Cuberts Snapshot-Technologie möglich. Hier entfällt das zeitraubende Scannen: vollspektrale Bilder werden direkt erfasst, verarbeitet und klassifiziert – inline, ohne Prozessverzögerung. Diese fortschrittliche Entwicklung hebt die Sortierung auf eine neue Stufe und macht Maschinen und Prozesse intelligenter.

Anwendungsfelder: Wo Sortierung zur strategischen Wertschöpfung wird

  • Kunststoffrecycling: Unterscheidung zwischen PE, PP, PS, PET – auch bei dunklen Farben oder Additivzusätzen. Erkennung von Biokunststoffen wie PLA oder PBS, Trennung von Lebensmittel- und Industrieverpackungen.
  • Textilrecycling: Analyse von Mischgeweben, Detektion synthetischer Fasern, Differenzierung zwischen Natur- und Kunstfasern. Unterstützt die Entwicklung hochwertiger Rezyklatketten in der Mode- und Automobilindustrie.
  • Elektro- und Elektronikschrott: Identifikation von Leiterplatten, Isoliermaterialien, Gehäusen und Trägern auf Basis ihrer spektralen Eigenschaften – für eine saubere Fraktionierung in urbanen Minen.
  • Bau- und Altholztrennung: Detektion von Imprägnierungen, Lacken, Kleberückstanden oder Verbundmaterialien. Vermeidung von Störstoffen in Holzwerkstoffen und eine bessere Nutzung von Ressourcen.

Diese vielfältigen Anwendungen zeigen, wie der gezielte Einsatz von hyperspectral Vision und Bildgebungssystemen Unternehmen hilft, Prozesse zu verbessern und Abfälle zu reduzieren.

Systemintegration: Vom Pilot zur industriellen Umsetzung

Die Integration hyperspektraler Lösungen erfordert kein komplettes Redesign bestehender Anlagen. Cubert liefert modulare HSI-Plattformen, die an bestehende Bandführungen, Sortierlogiken und Auswurfeinheiten angepasst werden können. Der Vorteil: minimale Stillstandszeiten, maximale Prozesskontinuität. Die KI-gestützte Verarbeitung der Bilddaten ermöglicht adaptive Sortierstrategien: Das System lernt mit jeder Charge dazu und optimiert seine Entscheidungen kontinuierlich.

Die Betriebskosten sinken durch Reduktion manueller Eingriffe, weniger Fehlauswürfe und verbesserte Prozessstabilität. Gleichzeitig steigt die Anlagenverfügbarkeit – ein entscheidender KPI für Betriebsleiter, die ihre Maschinen effizienter einsetzen möchten.

Recycling kunststoff hyperspektral

Strategischer Nutzen: ESG-Ziele erreichen, Marktposition stärken

In einem Marktumfeld, in dem Nachhaltigkeitskriterien zunehmend kaufentscheidend sind, wird Sortierqualität zum Reputationsfaktor. Unternehmen, die mit HSI-Technologie arbeiten, dokumentieren nicht nur eine höhere Materialeffizienz – sie demonstrieren technologische Kompetenz, regulatorische Weitsicht und Umweltverantwortung.

HSI-basierte Sortierung liefert transparente Daten: Materialzusammensetzung, Reinheitsgrad, Sortierquote. Diese Daten lassen sich für Berichte und Audits aufbereiten – ein entscheidender Vorteil für Kunden, Zertifizierer und Investoren. Die hyperspektrale Bildgebung wird so zum strategischen Differenzierungsmerkmal im Kampf um hochwertige Produkte und wertvolle Rohstoffe.

Aus Technologie wird Transformation

Hyperspektrale Bildgebung ist mehr als ein Sensor – sie ist ein strategisches Instrument zur Neudefinition industriellen Recyclings. Sie hebt die Trennung von Wertstoffen auf eine höhere Stufe: von der oberflächlichen Betrachtung zur spektralen Materialanalyse. Wer heute in hyperspektrale Lösungen investiert, sichert sich nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern positioniert sich als Vordenker einer zirkulären Industrie. Cubert liefert dafür die praxistaugliche Technologie. Jetzt ist der Moment für Entscheider, das Unsichtbare sichtbar zu machen – für mehr Wertschöpfung, Compliance und Impact.

Matthias Locherer, Sales Director von Cubert, einem Hersteller von Hyperspektralkameras

Über den Autor

Dr. Matthias Locherer ist seit 2017 Sales Director bei Cubert GmbH. Mit einem PhD in Erdbeobachtung von der Ludwig-Maximilians-Universität München bringt er umfangreiche Expertise in der Fernerkundung, spektraler Bildgebung und Datenanalyse mit. Matthias hat an verschiedenen Forschungsprojekten und Publikationen mitgewirkt, insbesondere im Bereich der hyperspektralen Überwachung biophysikalischer und biochemischer Parameter mit hyperspektralen Satellitenmissionen. Seine fundierten Kenntnisse in optischer Messtechnik und physikalischer Modellierung machen ihn zu einem wichtigen Treiber für die Weiterentwicklung innovativer hyperspektraler Technologien bei Cubert.