Offshore-Windkraftanlagen sind ein wichtiger Eckpfeiler des Sektors für erneuerbare Energien und ermöglichen eine Auslastung von bis zu viertausend Volllaststunden. Wie jede andere Struktur erfordern sie jedoch regelmäßige Wartung und Inspektionen. Diese Inspektionen sind oft teuer, zeitaufwendig und riskant, da sie teilweise immer noch vor Ort von Tauchern durchgeführt werden.
Der Einsatz von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen (ROVs) nimmt seit Jahren zu, ist jedoch größtenteils auf RGB-basierte Videotechniken oder den Einsatz von Sonar beschränkt. Infolgedessen ist die umfassende Quantifizierung von Schäden begrenzt.
Der neue MISO-Inspector (Multi Input Single Output) Sensorträger soll diesen Prozess verbessern. Dieses multivariate Inspektions- und Analysesystem wird neben bestehenden Sensortechnologien die Verwendung neuer Sensortechnologien für Unterwasseranwendungen testen und anbieten. Montiert auf einem ROV ist der MISO-Inspector in der Lage, Inspektionsaufgaben sowohl über als auch unter Wasser durchzuführen.
Die enthaltenen Sensoren umfassen unter anderem eine Snapshot-Hyperspektralkamera. Diese Kamera ermöglicht die berührungslose Erkennung, Differenzierung und Analyse von Materialien. Da es für Ingenieure eine Herausforderung darstellt, Rost oder andere Schäden allein mit Unterwasser-RGB-Bildern von Bewuchs, Verschmutzung usw. zu unterscheiden, bietet die hyperspektrale Kamera völlig neue Möglichkeiten zur Schadensidentifizierung.
Stahlrohr-Spektroskopie
Verschiedene Materialien (Stahlrohr ohne Korrosion, Stahlrohr mit Korrosion, Aluminium-Beschichtung und Lackbeschichtung) wurden als Testobjekte verwendet, die für Offshore-Strukturen charakteristisch sind. Für die Messungen wurde die Hyperspektral-VNIR-Kamera FireflEYE 185 in ein modifiziertes wasserdichtes Gehäuse eingebaut, das Tiefen von bis zu 60 Metern ermöglicht. Für die Unterwasserbeleuchtung wurden verschiedene Lichtquellen wie LED- und Halogenlampen getestet. Die Unterwasseruntersuchungen wurden in einem Testbecken in einer Tiefe von 1 Meter durchgeführt.


Bei den ersten Messungen lag der Fokus auf der Untersuchung der Unterscheidbarkeit relevanter Materialien, dem Einfluss verschiedener Lichtquellen und der Praktikabilität der Reflexionskalibrierung in einer Unterwasserumgebung. Die Messungen wurden sowohl mit Halogen- als auch mit LED-Beleuchtung durchgeführt. Um die Reflexionswerte unter Wasser zu bestimmen, wurde ein weißes Ziel mit dem Sensor eingeschlossen. Die Differenzierung zwischen den Materialien war sowohl mit LED- als auch mit Halogenlichtquellen möglich.

Panorama-Bild (Echtfarbe) der Stahlrohre mit den entsprechenden spektralen Signaturen, aufgenommen in der Cubert Cuvis-Software. Der weiße Kreis unten links ist das weiße Ziel, das zur Reflexionskalibrierung verwendet wurde. Die unkorrigierten spektralen Signaturen der Testobjekte (Stahl ohne Korrosion, Stahl mit Korrosion, Aluminium- und Lackbeschichtung) sowie des Hintergrunds basieren auf LED-Beleuchtung.
Die spektralen Signaturen repräsentieren alle gemittelten Pixel innerhalb der farbigen Rechtecke, die im Bild auf der linken Seite gezeichnet sind. Die Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung für jede Wellenlänge. Das Spektrum jenseits von 780 nm ist nicht in den Vergleich einbezogen, da im infraroten Spektralbereich im Wasser eine starke Absorption stattfindet und die verwendete LED-Beleuchtung diesen Spektralbereich nicht abdeckt.
Nach erfolgreichem Test im Testbecken wurde die spektrale Kamera in den MISO-Inspector integriert, der wiederum in ein ROV eingebaut wurde. Um den härteren Bedingungen im Meerwasser und in größeren Tiefen standzuhalten, wurde die hyperspektrale Kamera mit SubConn-Unterwasserkabeln ausgestattet und an den MISO-Inspector-Systemträger angeschlossen. Der nächste Test fand im Hafen von Rostock, Norddeutschland, statt. Dabei wurde ein Rohrknoten, der mit den zu untersuchenden Testobjekten ausgestattet war, im Hafenbecken versenkt.



Abschlussuntersuchung
Die abschließende Untersuchung des MISO-Inspectors wurde unter realen Bedingungen an einer Offshore-Struktur durchgeführt. Die Bilder zeigen den Windpark, die Testanlage und den Einsatz des ROV mit dem MISO-Inspector. Die Tests verdeutlichten, wie organisationsintensiv und wetterabhängig der Inspektionsprozess sein kann. Dennoch wurden die Messungen mit dem MISO-Inspector und der hyperspektralen Kamera erfolgreich durchgeführt, was die Analyse der Messungen im nächsten Schritt ermöglichte.
Die Unterwasserbilder zeigen die Offshore-Struktur in einer Tiefe von 30 Metern mit verschiedenen Materialien, wie Lackbeschichtungen, organischen Materialien und nicht eindeutig identifizierbaren hellen Bereichen—entweder aus Aluminium oder organischen Ursprungs. Die Identifizierung dieser Aluminiumflächen ist entscheidend, da sie mögliche Schäden an der Offshore-Struktur anzeigen könnten, die mit RGB- oder Schwarz-Weiß-Bildern allein nicht bestimmt werden können. Die hyperspektrale Bildgebung ermöglicht die Identifizierung dieser Materialien. Durch die Analyse der spektralen Informationen konnte bestätigt werden, dass es sich bei den Objekten um Aluminium handelt. Diese Auswertung, kombiniert mit weiteren Informationen über die Offshore-Struktur, ermöglicht eine verbesserte Bewertung ihres aktuellen Zustands und bietet eine verlässlichere Grundlage für Entscheidungen über weitere Maßnahmen.
Was kommt als Nächstes?
Da der MISO-Inspector auch den Seewassertest erfolgreich bestanden hat, wird das System nun an seinem endgültigen Bestimmungsort weiter evaluiert, nämlich in Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee. Das Projekt zeigte, wie hyperspektrale Snapshot-Bildgebung zu neuen Anwendungen beitragen kann, wie etwa der Schadensdetektion an Metallstrukturen unter Wasser. Wir sind gespannt, in Zukunft weitere Unterwasseranwendungen zu sehen, da dies eine aufregende neue Grenze für die spektrale Bildgebung darstellt!
Projektinformationen
Das Projekt wurde vom BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) unter der Förderkennziffer: 03SX449A gefördert. An dem Projekt beteiligten sich folgende Partner:


Über die Autorin
Dr. Viktoriya Tsyganskaya ist Head of Project Management bei Cubert GmbH und leitet seit 2018 Forschungs- und Kundenprojekte. Sie promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Fernerkundung mit dem Schwerpunkt Radarfernerkundung und Umweltmonitoring. Viktoriya bringt umfassende Erfahrung aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit, unter anderem im Projekt „Dikes under Pressure“, und ihre Expertise in nachhaltigen Umweltlösungen mit. Ihre fundierten Kenntnisse in der Fernerkundung machen sie zu einer wichtigen Ansprechpartnerin für innovative hyperspektrale Technologien bei Cubert.